Die in der Schweiz meistgenannte Zahl derer, die nicht gut genug lesen, um einen einfachen Text zu verstehen, ist 800'000. Die ALL-Studie aus dem Jahr 2005 kam zum Schluss, dass 800'000 Erwachsene oder 16% der 16- bis 65-Jährigen in der Schweiz über ungenügende Lesekompetenzen verfügen. Es sei deshalb zu befürchten, dass diese Menschen im persönlichen und im gesellschaftlichen Leben Nachteile erleiden werden – so die Studie.
Seit dem Jahr 2005 ist einiges passiert.
Bund und Kantone haben Programme etabliert, welche die Grundkompetenzen der Bevölkerung verbessern helfen. Diese und andere Massnahmen tragen dazu bei, dass heute – voraussichtlich - nicht mehr 16% der 16- bis 65-Jährigen unter Illettrismus* leiden. Würde man die 16% auf die heute in der Schweiz wohnhaften 16- bis 65-Jährigen umrechnen, wären gar 920'000 Personen von einer ausgeprägten Leseschwäche betroffen.
PIAAC Erhebung liefert neue Daten
Um mehr Klarheit zu erhalten, beteiligt sich die Schweiz, unter der Leitung des Bundesamtes für Statistik, aktuell an der PIAAC Erhebung. PIAAC ist ein internationales Programm zur Evaluation der Kompetenzen von Erwachsenen. Es wurde von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) entwickelt und im Jahr 2010 in 38 Ländern erstmals durchgeführt. Beim zweiten Zyklus ab 2020 ist die Schweiz neu dabei. Mit PIAAC werden die angesichts des technologischen und digitalen Wandels benötigten Grundkompetenzen von Erwachsenen für den Umgang mit geschriebenen und numerischen Informationen in Alltag und Beruf erhoben. Dazu erfasst PIAAC die Lese-, Rechen- und Problemlösungskompetenzen der ständigen Wohnbevölkerung. Das Bundesamt für Statistik erwartet erste Ergebnisse auf internationaler Ebene für das Jahr 2023. Weitere Daten auf nationaler Ebene werden 2024 folgen.
Worüber werden uns die PIAAC Ergebnisse Auskunft geben?
Die PIAAC-Erhebung liefert aktuelle Daten zu den alltäglichen Grundkompetenzen von Erwachsenen, um die Entwicklung des Weiterbildungsangebots besser zu steuern. Die PIAAC Ergebnisse dienen auch als aussagekräftige Analysegrundlage für Politik und Wissenschaft und liefern Informationen zur Wirksamkeit der Aus- und Weiterbildungssysteme auf nationaler Ebene und im internationalen Vergleich.
Und wie schneidet die Schweiz in der PISA-Studie ab?
Die PISA-Studie ist ein weiterer Indikator, wie es um die Lesekompetenz der jungen Bevölkerung steht. In der letzten PISA-Studie der OECD (2019) schneiden Schweizer Schülerinnen und Schüler schlechter ab als in den vergangenen Jahren. In den getesteten Fächern Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften war überall ein Leistungsrückgang zu verzeichnen. Im Lesen liegen die Schweizer gar unter dem OECD-Durchschnitt.
Umso mehr dürfen wir auf die PIAAC Ergebnisse ab 2023 gespannt sein.
Schon heute lässt sich sagen: adressatengerechte, leicht verständliche Texte kommen nicht so schnell aus der Mode.
*Illettrismus beschreibt das Phänomen, dass in Gesellschaften mit langjähriger Schulpflicht viele Menschen nicht über jene Lese- und Schreibkompetenzen verfügen, die allgemein erwartet und gefordert werden. Dadurch wird ihre Teilnahme am sozialen, kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Leben eingeschränkt.